Co-Teaching Digitalkunde
Seitdem ich arbeite, habe ich keine Zeit mehr für soziale Tätigkeiten. Als Schülerin und Studentin war ich Gruppenleiterin in einem Kinderzeltlager, als Studentin Tutorin für jüngere Semester. Ich liebe den Austausch mit Gruppen von Kindern und Jugendlichen und ich gebe gern weiter, was ich gelernt habe.
Mit meinem Wechsel zu mindmatters hat sich das wieder geändert: Wir fakturieren nur 80% unserer Arbeitszeit in Kundenprojekten, die übrige Zeit nutzen wir, um uns selbst und unsere Firma weiterzuentwickeln.
Wir sind mit appcamps befreundet, die Programme anbieten, bei denen Kinder und Jugendliche lernen, wie man Apps entwickelt. Dort durfte ich auch schon zweimal als Coach mitmachen - in meiner Arbeitszeit.
Über appcamps bin ich zum Projekt "Co-Teaching Digitalkunde" gekommen, einem staatlich geförderten Pilotprojekt in mehreren deutschen Schulen, das eine Lehrkraft und ein Digitalexperte im Tandem durchführen: gemeinsam entwickelt das Tandem ein Konzept für digitale Lehrinhalte im Rahmen eines Unterrichtsfachs und führt dieses durch.
Vorbereitung
Laura, die Lehrerin, und ich haben uns im Sommer das erste Mal getroffen und gleich festgestellt, dass die Chemie stimmt. Wir sind beide begeisterungsfähig und freuen uns über spannende Experimente.
Sie ist Klassenlehrerin für eine achte Klasse, eine Pilotklasse an ihrer Schule, bei der alle Schüler mit einem iPad gefördert werden, das in allen Fächern genutzt werden soll, um den Unterricht mit digitalen Medien zu bereichern.
Da die Lehrmaterialien von appcamps auf dem appinventor basieren, der nur mit Android Geräten funktioniert, war meine Idee, das ionicframework zu nutzen, mit dem man - ähnlich wie mit dem appinventor - per Drag und Drop Prototypen bauen kann, welche sowohl auf iOS als auch auf Android Geräte geladen werden können.
Um den Jugendlichen nicht nur die technische Seite von App-Entwicklung nahezubringen, werden wir inhaltlich mit ihnen Apps entwickeln, die selbst produzierten Content nutzen, wie z.B. Fotos und Texte.
Da dieses Projekt umfangreicher ist, als einen Tag appcamps zu unterstützen, wollte ich von meinem Chef wissen, ob ich wirklich meine nicht fakturierte Arbeitszeit dafür nutzen kann. Er meinte nur: "Ich dachte, du wolltest mich fragen, ob du die Zeit auch fakturieren darfst. Aber deine nicht fakturierte Zeit kannst Du natürlich dafür nutzen, das hilft dir ja schließlich auch, deine eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln." - Danke nochmal dafür! Ohne diese indirekte Förderung von mindmatters wäre es nicht möglich, dieses tolle Projekt umzusetzen und Jugendliche schon früh in die Lage zu versetzen, Apps nicht nur zu konsumieren, sondern selbst zu gestalten.
Inhalte
Bei der Gestaltung der Inhalte gehen Laura und ich ganz agil vor: wir haben einen groben Fahrplan, gestalten zunächst die erste Schulstunde, führen sie durch und nutzen dann unsere Erkenntnisse, um die nächste Stunde vorzubereiten.
Wir beginnen mit einer Vorstellung von mir und meinem Beruf und steigen dann in das Thema App Entwicklung zunächst mit Scribbles ein. Noch bevor wir digitale Inhalte gestalten, ist es erstmal wichtig, den Aufbau einer Seite zu verstehen und ihre Elemente (Button, Text, Input, Link...) zu erkennen und benennen zu können.
Als nächstes werden wir uns mit dem Prototypen am Computer über den Ionic Creator beschäftigen. Mit einem professionellen Account kann man diesen Prototypen ohne große Computerkenntnisse direkt auf ein mobiles Endgerät laden. Dieses schnelle Feedback soll den Jugendlichen es einfach machen, schnelle Erfolge zu sehen, ohne schon in komplizierte Programmierung oder Installationsbefehle einzusteigen und ist ein Grund, warum wir uns einen professionellen Account bei Ionic erstellen. Dazu nutzen wir Fördergelder aus dem Digitalkunde Projekt und haben auch das Glück, dass Ionic uns einen Rabatt gewährt. Danke auch nochmal dafür!
Mit dem Creator kann man schon ein erstes kleines Projekt erstellen, in dem statische Links die einzige Logik sind. Wir werden vermutlich mit den Jugendlichen interaktive Fotostories erstellen.
Im weiteren Verlauf werden wir die Schüler auch in erste Programmierschritte einführen. Aus dem Creator kann man ein Ionic Projekt generieren, in dem man mit angular.js programmiert. So kann man die per Drag und Drop erstellten Prototypen nutzen und mit Funktionalität anreichern.
Wenn wir feststellen, dass die Jugendlichen mit dem Ionic Framework und angular.js gut klarkommen, können wir hoffentlich auch eine gemeinsame Vokabeltrainer App entwickeln, für die jede und jeder das beisteuern kann, was ihr und ihm Spaß macht: Design, Programmierung, Fotos, Texte, usw. Hierbei können wir uns auch mit dem Thema Organisation von Software Projekten beschäftigen.
Unsere erste gemeinsame Schulstunde
Nach ca. vier Vorbereitungstreffen haben wir heute unser Konzept mit der Realität konfrontiert. Unsere erste Doppelstunde verlief gut, wir haben die Schüler eher ein wenig unterschätzt anstatt sie zu überfordern und die meisten waren unglaublich interessiert.
Die Jugendlichen waren ganz anders als ich erwartet habe: ich habe mit mehr pubertärem Gehabe gerechnet, mit mehr vorgetäuschter Coolness und mehr Schminke. Stattdessen wirkten sie zwar viel jünger, als ich mich mit vierzehn gefühlt habe, haben aber trotzdem viel erwachsenere Fragen gestellt.
"Wie viel verdient man als Software Entwickler?"
"Wieviele Urlaubstage haben Sie?"
"Wieviele Stunden am Tag müssen Sie arbeiten?"
Statt wie geplant zehn Minuten Vorstellung von mir und meinem Beruf haben wir ca. zwanzig bis fünfundzwanzig gebraucht, weil so viel Interesse war. Die Jugendlichen waren echt sympathisch und überhaupt nicht schüchtern. Unser Tandem-Ping-Pong hat auch sehr gut geklappt und ich freu mich sehr auf den nächsten Freitag.