Montag, 14. Dezember 2015

Star Wars Retro (1,5 Std., 5 Leute)

Die Idee von Mottoretros (Piraten, Weihnachten) wie sie Marc Löffler beschreibt, klingt sehr witzig. Man hat damit die Möglichkeit, das Team völlig aus dem Alltag zu reißen, was sowohl Spaß macht als auch hoffentlich neue Erkenntnisse bringt, weil Routine einen auch daran hindern kann, auf neue Ideen zu kommen bzw. altes in Frage zu stellen. Metaphern sollen außerdem dabei helfen, leichter über Problematisches zu sprechen.

Da Episode VII bald ins Kino kommt, sind mein Mann und ich gerade mal wieder im Star Wars Fieber und von einem meiner Teammitglieder weiß ich, dass er ein sehr großer Fan ist.

Das Team macht normalerweise einstündige Retros. Diesmal geht es um den Jahresrückblick, deshalb setze ich die Retro für eineinhalb bis zwei Stunden an. Da ich in diesem Team eine Timebox für alle Sprintwechselmeetings (Review, Retro, Planning) anstatt einzelner Meetings an verschiedenen Tagen eingeführt habe, sind wir in der Dauer der einzelnen Meetings flexibler. Und kurz vor Weihnachten benötigen wir nicht viel Zeit fürs Planning.

Set the Stage

Da-da-dadadadaa-daa-dadadada! Ich beginne mit der Filmmusik, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Perfekt dazu ist der http://www.starwars.com/games-apps/star-wars-crawl-creator, läßt aber nur einen kurzen Absatz zu - mehr Text bietet http://alienryderflex.com/crawl/, mit dem man auch seine eigene Einleitung schreiben kann, allerdings muss man die Frames noch zu einem Video konvertieren, z.B. mit http://imagej.net/Downloads und man benötigt zusätzlich die Ouvertüre, während diese im beim Online Generator direkt mitabgespielt wird. 


Ich beschreibe den Verlauf des Projekts als Kurzgeschichte. Hier einige Ausschnitte.

"When this project set off back in November 2014, it started with Alice from planet abc [Kunde] and Bob from planet xyz [Dienstleister].

As the early prototype was finished, Catherine and Dennis from planet xyz joined the crew in January to start developing the first version of the app.

Emily accompanied Alice in her quest for testing and community management.

In April, Catherine and Dennis parted with the crew.

After the successful launch, Alice and Bob continued their journey, joined again by Catherine in June.

In August, the former crew member Dennis reunited with them and also a young padawan was introduced: Fred.

As the year 2015 came to an end, first Dennis and then Fred left the crew in favor of other endeavors. The core crew - Alice, Bob and Catherine - continues their path towards a christmas release.

Now we have gathered to inspect and adapt our use of the Force - which tendencies led us to the Dark and wich to the Light Side..."

Bei einer Motto-Retro kommt es darauf an, die Stimmung mit vielfältigen Mitteln (Musik, Bilder, etc.) zu transportieren. Ich hab mich bei dem Text-Crawl-Intro für Englisch entschieden, weil Worte wie "crew", "join", "reunite", "journey", "endeavor", "gather", usw. (zumindest bei mir) noch eine stärkere Assoziation mit SciFi und einer epischen Geschichte auslösen und mehr Distanz und damit einen anderen Blickwinkel erzeugen. Ob das diesen Effekt hat, hängt aber von den Teilnehmern ab und ich würde mich nur für dieses Stilmittel entscheiden, wenn das Team gut Englisch kann, sonst führt das eher zu Verwirrung.

Im Anschluss an die kurze Filmvorführung frage ich die Teilnehmer, was ihnen aufgefallen ist, was sie an dieser Zusammenfassung überrascht hat und welche Ereignisse für sie noch sehr präsent waren.

Gather Data


Als nächstes sollen die Teilnehmer aus mehreren Bildern der Star Wars Hauptcharaktere einen auswählen, der ihre Rolle im Team gut beschreibt. Jeweils zweimal habe ich folgende Charaktere ausgedruckt: Anakin, C3PO, Chewbacca, Darth Sidious, Han Solo, Jar Jar Binks, Leia, Luke, Obi Wan Kenobi, Padme Amidala, Qui-Gon Jinn, R2D2, Stormtrooper, Darth Vader, Yoda. Dazu kann man folgendes Bildarchiv nutzen: http://www.iconarchive.com/show/star-wars-characters-icons-by-jonathan-rey.html

Außerdem wählen die Teilnehmer ein Jedi-Zitat aus, das sie zu ihrem Motto der heutigen Retro erklären. Folgende Zitate fand ich passend:


Um die Stimmung besser zu transportieren, drucke ich die Zitate in der Star Wars Schrift aus: http://fontmeme.com/star-wars-font/

Nachdem jeder einen Charakter und ein Zitat gefunden hat, stellen die Teilnehmer beides nacheinander vor und hängen es auf.


Generate Insights


Aus den Daten der Sprints, die wir betrachten wollen, habe ich ein Diagramm erstellt, dass die Anzahl veröffentlichter Releases, erreichter Story Points, geschaffter Chores, gefixter Bugs und die Teamstärke im Verlauf des Projekts zeigt.

Vorbereitend habe ich dieses Diagramm an die Wand projiziert und die Grafik abgezeichnet.


Ich teile die Timeline in drei Abschnitte: Naboo, Tatooine und Alderaan.

Die Teilnehmer sollen jetzt im Speed Dating in wechselnden Paaren Zettel zu folgenden Fragen zu schreiben: "Welche Ereignisse gab es in dem Abschnitt?" (gelb), "Was führte uns zur Dunklen Seite der Macht?" (rot) und "Was führte uns zur Hellen Seite der Macht?" (grün).

Fürs Speed Dating macht es Sinn, vorher eine Matrix zu erstellen, die jeden Teilnehmer in mehreren Runden jedem anderen Teilnehmer zuordnet. Wenn man auf den Zufall vertraut, kann es sein, dass am Ende die Rechnung nicht aufgeht und man mehr Runden machen muss, als nötig, bis jeder mit jedem anderen einmal gesprochen hat. Bei einer ungerade Anzahl Teilnehmer muss jeder eine Runde lang aussetzen.

3 Teilnehmer

C
B
A
1
3
B
2
X

4 Teilnehmer

D
C
B
A
1
2
3
B
2
1
X
C
3
X
X

5 Teilnehmer

E
D
C
B
A
1
5
4
3
B
2
1
5
X
C
3
2
X
X
D
4
X
X
X

6 Teilnehmer

F
E
D
C
B
A
1
4
2
5
3
B
2
1
5
4
X
C
3
2
1
X
X
D
4
3
X
X
X
E
5
X
X
X
X

Die Buchstaben sind Platzhalter für die Namen der Teilnehmer und die Nummer ist die Runde, in der sich beide Teilnehmer daten.

In meinem Fall sind es 5 Teilnehmer, also haben wir fünf Runden à 3 Minuten.

Wenn die Runde beginnt, sollen die Paare spontan entscheiden, auf welchem der Planeten sie sich daten wollen. Zu diesem Abschnitt sammeln sie dann Ereignisse und Aktionen für die Dunkle und die Helle Seite der Macht. So füllt sich die Timeline Runde für Runde.

Das Speed Dating soll dabei helfen, möglichst viele verschiedene Sichtweisen und Informationen einfließen zu lassen, indem mehrere Paare gleichzeitig diskutieren und diese sammeln. Außerdem beteiligt es jeden gleichermaßen und trägt so zum gleichberechtigten Austausch untereinander bei.

Im Anschluss ans Speed Dating bitte ich einen Teilnehmer, die Timeline einmal zusammen zu fassen und die Geschichte nochmal mit den jetzt gesammelten Informationen zu erzählen. Andere Teilnehmer dürfen ergänzen.


Decide What to Do


Anschließend diskutiert das Team die Timeline. Da das Projekt beendet ist und jetzt in die Wartung übergeht, war die Zielsetzung dieser Diskussion nicht wie üblich Action Steps oder Ziele fürs nächste Jahr zu erarbeiten, sondern Risiken und Tipps für diese neue Phase und die Übergabe zu sammeln.

Diese schreibe ich zur Visualisierung auf und hänge sie über die Timeline.

Close the Retrospective


Ich beende die Retro mit einem ROTI und gebe allen Star Wars Sticker mit (gibts gerade bei REWE =P).


Feedback & Erkenntnisse


Das Star Wars Text Crawl Intro mit der Ouvertüre war super, um dem Team den Einstieg in die Jahresabschluss Retro zu geben. Ich dachte 4 Minuten Crawl Text sind eventuell zu lang, sodass die Teilnehmer gelangweilt werden, hatte aber keine Möglichkeit, die Ereignisse weiter zu kürzen. Von den Teilnehmern habe ich direkt das Feedback bekommen, dass sie selbst überrascht waren, wie viel im Projektverlauf passiert ist, was sie nicht mehr präsent hatten. Sie sind beim Lesen nicht abgedriftet, sondern waren interessiert und haben auf die einzelnen Passagen mit Lachen oder Aha-Momenten reagiert.

Zwei von fünf Teilnehmern kannten Star Wars nur vom Hörensagen, haben sich aber gut auf das Thema eingelassen und hatten trotzdem ihren Spaß. Bei der Auswahl des Avatars haben sie einfach einen gewählt, der optisch zu ihrer Rolle im Team passte und konnten diese Methode trotzdem mitmachen. Die Dunkle und die Helle Seite der Macht erklärt sich auch einfach.

Die vorbereitete Timeline war viel wert und wurde von den Teammitgliedern gut genutzt, um sich Ereignisse an Hand der Statistiken in Erinnerung zu rufen. Zusätzlich habe ich ihnen die Datenbasis für die Grafik auf meinem Notebook zur Verfügung gestellt. Insbesondere der- / diejenige, der / die gerade beim Speed Dating aussetzen musste, konnte sich die Daten nochmal anschauen, um neue Impulse zu geben.

Das Speed-Dating hat insgesamt gut funktioniert. Ursprünglich hatte ich fünf Minuten geplant, mich dann aber in der ersten Runde für drei Minuten entschieden, weil ich Sorge hatte, dass das Format sonst in der fünften Runde kein neuen Zettel mehr generiert und sich totläuft. Ich habe aber das Feedback bekommen, dass fünf Minuten besser gewesen wären, weil es auch Paare gab, die in ihrer Runde nur zwei Zettel schreiben konnten.

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Variante vom Kettenbrief: Statement als Intro für die WordCloud (1 Std. Retro, 3 Leute)

Nachdem der Kettenbrief und die WordCloud zwar gute Ergebnisse erzielt, aber in einer einstündigen Retro zu viel Zeit in Anspruch genommen haben, sodass die Phase Decide What to Do zu kurz kam, hab ich nach einer anderen kürzeren Methode gesucht, an die man die WordCloud anschließen kann.

(Ich beschreibe hier nur die Kernphasen der Retro. Trotzdem gehören Set the Stage, das Review der bisherigen Action Steps und Close the Retrospective zum gesamten Meeting natürlich dazu.)


Gather Data


Statement (15 min)

Schreibe zwei Fragen ans Whiteboard. Gib den Teilnehmern Zettel und Stift und bitte sie zu jeder dieser Fragen ein Statement in ein bis drei Sätzen zu schreiben.

Die Fragen, die ich gestellt habe, waren stark auf die aktuelle Projektsituation bezogen und konkret. Aus der Retro, in der ich den Kettenbrief verwendet habe, habe ich mitgenommen, dass zu generelle Fragen eher zu generellen Antworten führen. Man muss sich natürlich bewusst sein, dass man mit diesen Fragen die Retro in eine Richtung lenkt und es sollten Fragen sein, die das Team im letzten Sprint auch beschäftigt haben, damit man dem Team nichts aufdrängt.

Anschließend sollen die Teilnehmer ihr Statement vorlesen und unter die jeweilige Frage hängen.

Generate Insights 


Word Cloud (10 min)

Teile die Teilnehmer in je eine Gruppe pro Frage auf und bitte sie gemeinsam die Wörter auf den Statements zu markieren, die mehrfach genannt wurden. Auch Wortstämme werden mitgezählt, also zum Beispiel "planen" und "Planung". Jedes der Wörter, das mindestens zweimal genannt wird, ist ein mögliches Gesprächsthema und wird auf ein Post-it geschrieben. Darauf wird die Anzahl Nennungen notiert.

Dot vote (5 min)

Gib jedem Teilnehmer Klebepunkte und bitte sie, den Themen, in denen sie das meiste Potential sehen und über das sie gerne mit dem Team sprechen möchten, Punkte zu geben.

Wenn die WordCloud zu viele Themen enthält, definiere eine Anzahl Nennungen, die ein Thema mindestens haben muss, um bepunktet werden zu dürfen.

Decide what to do


Offene Diskussion von zwei Themen und Finden von Action Steps (je 10 min)

Feedback


Die Idee, mit dem Statement zur WordCloud zu kommen, fand das Team gut. Allerdings fällt sowohl beim Statement als auch beim Kettenbrief auf, dass die Wörter aus den Fragen im Text aufgegriffen werden und so die WordCloud beeinflussen. Vielleicht sollte man die Regel setzen, dass die Frage im Text nicht wiederholt werden soll oder dass Wörter aus der Frage nicht zur WordCloud zählen.

Außerdem regten zwei Teilnehmer an, dass man die WordCloud nicht nach Wortstamm, sondern nach Synonymen clustern sollte, da sonst drei unterschiedliche Worte mit gleicher Bedeutung nicht in die WordCloud aufgenommen werden. Das wirkt auf mich aber eher schwierig, weil dann Diskussionen entstehen, welche Worte zusammengehören.

Erkenntnisse


Der Kettenbrief bietet den Teilnehmern mehr Interaktion als das Statement, ist aber eine funktionierende Alternative für kurze Retros.

Die WordCloud führt zu weniger abstrakten Begriffen als das Clustern von Zetteln, die man z.B. mit Mad, Sad, Glad oder Start, Stop, Continue gesammelt hat. Das kann hilfreich sein, wenn das Team bei solchen Aktivitäten immer wieder auf die gleichen Themen kommt, z.B. "Team", "Prozess", "Operating"...

Dienstag, 1. Dezember 2015

Wie macht man eine gute Retro?

Als ich den Blog gestartet habe, haben mich vor allem die Fragen beschäftigt, wie sich eine Retro innerhalb der Timebox strukturieren lässt, also wie viel Zeit man pro Phase einplanen sollte und wie man einen roten Faden zwischen den Phasen erzeugt.

Als Entwicklerin war ich in den Teams, in denen ich bisher gearbeitet habe, Retros alle zwei Wochen gewohnt, die zwei oder zweieinhalb Stunden dauerten und dachte, das wäre auch eine sinnvolle Zeit.

Nachdem ich jetzt als Prozessbegleiterin mit zwei sehr kleinen Teams gearbeitet habe, das eine schon recht routiniert, das andere noch neu zusammengestellt, habe ich festgestellt, dass die Antwort auf die Frage nach der Dauer der Retro ist: "it depends".

Diese Teams haben jeweils einstündige Retros und kommen in dieser Zeit trotzdem zu Ergebnissen, die sie weiterbringen.

Ester Derby und Diane Larsen meinen sogar in diesem Talk, dass in manchen Situationen mit manchen Teams 5 minütige Retros effektiv sein können, auch wenn alle Phasen berücksichtigt werden sollten. Das würde ich gern mal sehen.

Mit dem routinierten Team plane ich eine Jahresabschluss-Retro, dafür werden wir wahrscheinlich mehr Zeit als eine Stunde benötigen. Ich glaube, dass es schon wichtig ist, mal längere Retros zu machen, um es dem Team zu ermöglichen, seine Potentiale noch tiefer zu betrachten. Aber sie regelmäßig zu verhaften, obwohl sie sich auch in kurzer Zeit reflektieren können, ist nicht agil.

Was den roten Faden angeht, zieht sich dieser meiner Meinung nach durch Gather Data, Generate Insights und Decide What To Do.

In diesen Phasen kann man die Methoden nicht wahllos kombinieren, sondern muss sie ineinander übergehen lassen. 

Die Phasen Set the Stage und Close the Retro sind von diesem Kern eher entkoppelt.
Interessant finde ich auch die Idee, in diesen beiden Phasen die gleiche Methode zu verwenden, um den Kreis zu schließen.

Deshalb werde ich jetzt das Format meiner Blogbeiträge ändern, wenn ich von Retros berichte, und entweder die Methoden im Kern oder am Rand beschreiben.

Montag, 30. November 2015

XP Days 2015 - was ich mitnehme

Die XP Days letzte Woche waren bisher die beste Konferenz, auf der ich war. Die Organisation hat sehr dazu beigetragen, dass man sich mit vielen Teilnehmern und Speakern austauscht und so seine persönlichen Erfahrungen miteinander teilen konnte.

Viele Tracks, eine Mischung aus Vorträgen und interaktiven Sessions, dazu noch einen Nachmittag lang Open Space: http://www.xpdays.de/2015/programm/

Hier eine Zusammenfassung, was ich von den XP Days mitnehme:

Erkenntnisse


Agile Organisationen


Selbstorganisation ohne Führung, die Vision und Ziele vorgibt, führt zu Konflikten, langen Diskussionen, Divergenz und wirkt nicht effektiv.

Um allen transparent zu machen, was der Rahmen ist, in dem Selbstorganisation stattfinden soll, kann man ein „Wer darf was?“-Board erarbeiten, auf dem Thema, Entscheider, Berater und Information dokumentiert werden. Dieses Board wird bei Änderungen in der Organisation upgedated und hilft auch neuen Mitarbeitern, zu verstehen, was von ihnen erwartet wird und was nicht und vermeidet so Enttäuschungen.

Die Theorie vom Organisation Addiction Cycle geht davon aus, dass schädliches Verhalten in Organisationen nur geändert werden kann, wenn man versteht, warum die Organisation davon abhängig ist. Welche Schmerzen werden mit diesen Verhalten kurzfristig gelindert und wie kann man den Schmerz langfristig beseitigen, damit es keinen Grund mehr gibt, auf dieses schädliche Verhalten zurückzugreifen?

Was ist Agile?


Das wichtigste agile Prinzip ist, dass man sich bewusst ist, dass man nie perfekt agil ist, also agil beherrscht. Man kann sich immer noch weiterentwickeln. Leute, die behaupten, sie haben den perfekten agilen Prozess, haben das Grundprinzip nicht verstanden. Genau wie Leute, die "ihren eigenen agilen Prozess" so implementieren, dass er den agilen Prinzipien widerspricht.

Retros


Kontinuierliche Verbesserung ist kein Ziel, sondern eine Methode um andere Ziele zu erreichen, z.B. weniger Stress, mehr Profit, mehr Produktivität, bessere Planbarkeit, mehr Zeit für Weiterbildung… Es ist wichtig, die konkreten Ziele der Beteiligten zu erarbeiten, damit jeder motiviert ist, noch besser zu werden.

Wie man eine Retro gestaltet, ist stark abhängig vom Team, sowohl Dauer als auch Auswahl der Methoden. Eine mögliche Systematik ist
- Team Dynamik
- Kultur
- Für Konfliktmoderation geeignet?
- Vermeiden wenn...

Methoden


Open Space


Bei den XP Days hab ich das erste Mal bei einem Open Space mitgemacht. Macht Spaß und führt zu viel Erfahrungsaustausch, aber jemand der ein Thema erstellt, ist nicht zwangsläufig ein guter Moderator.

Creative Aikido


Methode, um erstmal möglichst viele Ideen zu einem Problem / Thema zu sammeln.

1. A: „Meine Idee ist…“
2. B: „Danke.“
3. B: „Cool daran ist…“
4. B: „Da fällt mir ein…“ (Assoziation, wie man die Idee verbessern / erweitern könnte)
=> A oder C weiter mit 2.

Divergierendes Format, wertschätzt das Positive an der Idee eines anderen anstatt sich auf den negativen Teil zu fokussieren, hilft sich auf Zusammenarbeit und gemeinsames Entwickeln von Ideen einzulassen.

Damit die Ideen im Fluss nicht verloren gehen, könnte man sie mit einer Mindmap bzw. auf Post-its festhalten.

Konsent


Konsent statt Konsens für Entscheidungsfindung in großen Gruppen
1. Mögliche Entscheidung formulieren
2. Abstimmung per Handzeichen
- Ich bin für die Entscheidung: Daumen hoch
- Ich trage die Entscheidung mit: flache Handfläche nach oben
- Ich bin noch nicht abstimmungsbereit: Problem signalisieren -> Erklären: Ich verstehe den Vorschlag noch nicht / Punkt XYZ wurde noch nicht diskutiert
- Ich bin gegen die Entscheidung: Daumen runter -> Ich werde mein Veto erklären und helfen eine bessere Lösung zu finden

Retro Methoden


Motto Retros, z.B. Weihnachts- oder Piratenretros, um mehr Spaß und Kreativität in die Retro zu bringen.

Variante von Take A Stand: Koordinaten und frage zu Werten
- X-Achse: Wie wichtig ist mir dieser Wert?
- Y-Achse: Wie sehr leben wir diesen Wert?

Auskotzretro, wenn gerade extrem schlechte Stimmung im Team:
Fenster malen und das Team soll „Steine“ reinwerfen: Post-its mit Dingen, die sie ankotzen.
Nutzen, um sich davon zu befreien und anschließend wieder zur positiven Betrachtung wechseln.

Für Set the stage und Close the retro das gleiche Format nehmen, um den Kreis zu schließen, z.B. Wetterbericht oder fragen: „Wie glaubst Du ging es Deinem rechten / linken Nachbarn während des Sprints / der Retro?“

Anstatt die Themen, die in Gather Data aufkommen, zu priorisieren und nur zu wenigen Themen Einsichten zu generieren und Action Steps zu finden, kann man auch zu allen Ideen Action Step Ideen sammeln, diese dann priorisieren und die besten Ideen zu Action Steps machen, z.B. mit
- Speed Dating: Zu zweit in wenigen Minuten Ideen zu einem Thema sammeln, dann Thema und Partner wechseln
- Ideen Contest: 2 Gruppen sammeln jeweils Ideen, die Gruppe mit den meisten hat gewonnen. Führt dazu, dass keine Ideen wegdiskutiert werden
- Creative Aikido

Lösungsfokussierte Retros mit Teams, die problemorientiert denken
- Probleme sammeln
- Dahinterliegende Ziele identifizieren: „Was haben wir, wenn dieses Problem nicht mehr existiert?“
- Probleme von der Wand abhängen, Fokus auf die Ziele
- Fragen: „Wie kommen wir zu diesem Ziel? Wozu möchten wir das Ziel erreichen? Für wen möchten wir das Ziel erreichen? Welche Auswirkung hat das für mich / das Team / andere Aussenstehende?“
- Jeden bitten, auf einer Skala von 0 bis 10 anzugeben, wie weit das Ziel schon erreicht ist
- Wenn jemand X > 0 angibt, fragen: „Warum ist es X und nicht 0? Was funktioniert denn schon?“
- Kleine Schritte: „Wie kommen wir auf X+1?“

Dienstag, 10. November 2015

Start Stop Continue (1 Std. Retro, 4 Leute)

Voraussetzungen


Dauer: 1 Stunde
Team: 4 Entwickler

Vorbereitung


(Die Methoden, die ich hier vorstelle, sind nicht meine eigenen Ideen, sondern stammen aus diversen Büchern, Blogs, aus Erfahrungen als Teilnehmerin an Retros, usw. Ich wandle die Methoden allerdings gern ein wenig ab oder kombiniere sie anders, sodass ich hier vorstelle, wie ich sie durchführe.)

Set the Stage


Um die Bedürfnisse des Entwicklungs-Teams, das ich als Prozessbegleiterin übernommen habe, besser zu verstehen, habe ich sie gebeten, zu reflektieren, welche Unterstützung sie sich von mir als Prozessbegleitung wünschen.

Als Format habe ich auch eine Retro gewählt und ihr ein Thema gegeben: Prozess und Prozessbegleitung.

Process Weather (5 min)

Ähnlich wie das Sprint Weather (siehe hier), nur mit der Fragestellung: "Wie gut läuft euer Prozess?"



Gather Data


Start Stop Continue

Bitte die Teilnehmer, folgende Dinge auf Post-its zu schreiben: (5 min)

Dinge, die man beginnen soll, zu tun (Start).

Dinge, die man nicht mehr tun sollte (Stop).

Dinge, die man weiterhin tun sollte (Continue).

Da ich als Prozessbegleitung in ein Team eingestiegen bin, dass schon seit über einem Jahr zusammen arbeitet, habe ich diese Methode gewählt, um zu erfahren, welche Methoden und Prozesse bewährt sind und welche aus Sicht der Entwickler verändert werden sollten.

Nacheinander hat jeder Teilnehmer die Gelegenheit seine Zettel vorzulesen, zu erläutern und aufzuhängen. (5 min)



Cluster (5 min)

In dieser Retro habe ich das Clustering stark moderiert um Zeit zu sparen und kein Dot Voting durchgeführt, sondern das Team gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn wir alle Themen andiskutieren, um für mich und alle anderen einen möglichst breiten Überblick zu bekommen.

Generate Insights 


Discussion (35 min)

Offene Diskussion

Decide what to do


Infos mitnehmen

Da es mir erstmal nur darum ging, die Bedürfnisse des Teams zu verstehen und sie zu fragen, wie sie meine Rolle sehen, war das Ziel nicht, Action Steps zu generieren, sondern möglichst alle identifizierten Themen anzudiskutieren und allen Orientierung zu geben.

Close the Retro


ROTI (5 min)

Beschreibung siehe hier.

Erfahrungen


Durchführung


In der offenen Diskussion haben die Entwickler jedes der Themen behandelt und da es mir darum ging, zu erfahren, was sie sich von mir als Prozessbegleiterin wünschen, habe ich auch an der Diskussion teilgenommen und sie zu ihren bisherigen Prozessen und Erfahrungen im Projekt befragt.

Für eine Retro, die diesen Fokus hat, den Prozessbegleiter an Bord zu holen, halte ich es für völlig in Ordnung, sich auch an der Diskussion zu beteiligen und Vorschläge zu machen.

Ein Ergebnis ist, dass wir ausprobieren, regelmäßige Entwickler Retrospektiven zu machen, in denen die Entwickler die Möglichkeit haben, zu technischen Themen Lösungsideen zu erarbeiten.

Erkenntnisse


Den Entwicklern die Frage "Was wünscht ihr euch von mir als Prozessbegleitung?" zu stellen und dazu das Retro Format zu nutzen, hat gut funktioniert. Ich habe in nur einer Stunde viel Input von den Entwicklern bekommen und gleichzeitig hatten sie untereinander die Möglichkeit, sich zu ihrem Prozess auszutauschen.

Wir konnten gut abgrenzen, welche Aufgaben in meinen Bereich als Prozessbegleitung fallen und welche Verbesserungen die Entwickler mit der Product Ownerin gemeinsam erarbeiten müssen.

Die Erwartungshaltung zunächst zwischen Entwicklern und Prozessbegleitung zu klären, halte ich für den Einstieg bei einem Team sehr sinnvoll.

Donnerstag, 5. November 2015

Retro Wedding und Circle of Questions (1 Std. Retro, 4 Leute)

Voraussetzungen


Dauer: 1 Stunde
Team: 2 Entwickler, 1 Product Owner, 1 UX Designer

Vorbereitung


(Die Methoden, die ich hier vorstelle, sind nicht meine eigenen Ideen, sondern stammen aus diversen Büchern, Blogs, aus Erfahrungen als Teilnehmerin an Retros, usw. Ich wandle die Methoden allerdings gern ein wenig ab oder kombiniere sie anders, sodass ich hier vorstelle, wie ich sie durchführe.)

Set the Stage


Sprint Weather (5 min)

Bereite eine Tabelle vor: Spalten sind die Sprints, Zeilen sind "Sonne", "Wolken", "Gewitter". Gib jedem Teilnehmer einen Punkt und bitte darum, diesen so zu kleben, wie er oder sie sich in diesem Sprint gefühlt hat.

Frage die Teilnehmer anschließend, was ihnen auffällt und ob jemand etwas zu seinem Punkt sagen möchte.

Mit jeder Retro wird aus den Wetterberichten eine Klimatabelle, die man auch für Retros nutzen kann, die eine größere z.B. Jahres- oder Projektrückschau machen.

Gather Data


Retro Wedding

Beziehe den Hochzeitsbrauch "Something old, something new, something borrowed, something blue" auf die Retro: Gib den Teilnehmern Zettel in vier verschiedenen Farben und bitte sie in 5 Minuten folgende Dinge aufzuschreiben. (5 min)

Old: Etwas im Projekt Bewährtes
New: Etwas, was man ausprobieren möchte
Borrowed: Eine Methode oder Regel, die man sich von einem anderen Team leihen möchte
Blue: Etwas, was einen traurig gemacht hat



Nacheinander hat jeder Teilnehmer die Gelegenheit einen Zettel vorzulesen, zu erläutern und aufzuhängen. (5 min)

Das Aufhängen geht reihum und jeder hängt immer nur einen Zettel auf, damit jeder gleichmäßig gehört wird und nicht der letzte sich nur noch seinen Vorrednern anschließen kann. Wenn man eine Aussage hat, die schon genannt wurde, darf man diesen zu dem entsprechenden Zettel dazu hängen und dennoch einen neuen Zettel aufhängen.

Cluster (5 min)

Bitte die Teilnehmer nach vorne zu kommen, die aufgehängten Zettel zu gruppieren und dazu ein Oberthema zu finden. Dieses Oberthema sollen sie auf einen anders farbigen Zettel schreiben und dazu hängen. Wenn es Zettel gibt, die keinem Thema zugeordnet werden können, dürfen sie alleine hängen, das sollte aber die Ausnahme sein.

Indem man alle Teilnehmer bittet, gemeinsam zu Clustern, entsteht mehr Dynamik, als wenn einer clustert und der Rest des Teams den Prozess im Sitzen kommentiert.

Dot vote (5 min)

Gib jedem Teilnehmer 6 Klebepunkte und bitte sie, den Themen, in denen sie das meiste Potential sehen und über das sie gerne mit dem Team sprechen möchten, Punkte zu geben. Einzelne Karten, die ohne Oberthema sind, dürfen auch bepunktet werden.

Jeder Teilnehmer darf einen Thema 3 Punkte geben, einem anderen 2 und einem weiteren 1 Punkt. Diese Aufteilung führt in der Regel zu klareren Abständen.

Zähle die Anzahl Klebepunkte auf den Themen. Die Themen mit der höchsten Punktzahl werden vom Team diskutiert, um Verbesserungspotentiale zu identifizieren.

Ziel ist es, Action Steps zu identifizieren, die das Team im nächsten Sprint berücksichtigt, um diese Verbesserung aktiv voran zu treiben.

Generate Insights 


Circle of Questions für ein Thema (20 min)

Bitte die Teilnehmer aufzustehen und einen Kreis zu bilden. Du benötigst einen kleinen Ball, den die Teilnehmer sich zuwerfen können.

Ein Teilnehmer fängt an: Er oder sie spricht einen anderen Teilnehmer mit Namen an, wirft ihm oder ihr den Ball zu und stellt ihm oder ihr eine Frage, die einen Bezug zu dem zu diskutierenden Thema hat. Anschließend setzt sich der Fragesteller.

Der nächste Teilnehmer antwortet kurz und prägnant auf die Frage und ist dann selbst an der Reihe eine Frage zu stellen.

Man darf nur denjenigen eine Frage stellen, die noch keine Frage beantwortet haben. Der letzte stellt dem ersten seine Frage. So ist sichergestellt, dass jeder gleichmäßig involviert ist.

Wenn alle sitzen, beginnt die zweite Runde und wer eine Frage gestellt hat, steht wieder auf.

Wenn alle wieder stehen, bittest Du die Teilnehmer die Augen zu schließen und Dir per Daumen hoch oder Daumen runter folgende Frage zu beantworten:

"Kannst Du Dir einen Action Step vorstellen, der euch helfen würde, euch in Bezug auf Thema XY zu verbessern?"

Wenn keine oder nur wenige Leute die Frage mit "Ja" beantworten, bitte die Teilnehmer die Augen zu öffnen und eine weitere Runde zu machen.

Wiederhole das Vorgehen, bis es Action Steps gibt oder die Zeit zu Ende ist. Gehe dann für das Thema in "Decide what to do" über und wiederhole "Generate Insights" und "Decide what to do" für das zweite Thema.

Indem jeder Teilnehmer einem anderen Teilnehmer eine Frage stellt, konzentriert sich derjenige nicht auf seine eigene Meinung, sondern darauf zu erfahren, was sein Kollege denkt. Das soll eine andere Sichtweise auf das Thema ermöglichen und zu mehr Verständnis im Team beitragen.

Decide what to do


Action Steps erarbeiten (10 min)

Jeder Teilnehmer schreibt den Action Step auf, den er aus der Diskussion erkannt hat.

Anschließend liest jeder seinen vorgeschlagenen Action Step vor.

Fordere das Team auf, die gesammelten Action Steps zu einem oder mehreren zusammen zu führen und Einigkeit darüber zu erarbeiten.

Close the Retro


Take A Stand (5 min)

Markiere den Boden mit Zetteln mit den Worten "Super", "Ok" und "Furchtbar" in einer imaginären Linie. Halte die bisher erarbeiteten Action Steps des Teams bereit.

Frage die Teilnehmer: "Wie gut ist Dein Gefühl für den nächsten Sprint?" 

Anschließend stellt sich jeder Teilnehmer an der Linie auf, wie er oder sie glaubt, dass der Action Step bereits umgesetzt wurde - von "Super" bis "Furchtbar".

Mache ein Foto vom Team, um das Stimmungsbild zu dokumentieren.

Erfahrungen


Durchführung


Da wir beim Anmoderieren des Circle of Questions nicht in der Nähe der Sitzgelegenheiten standen, habe ich auf das Hinsetzen und Aufstehen verzichtet und die Teilnehmer stattdessen gebeten, mit den Händen anzuzeigen, ob sie noch für diese Fragerunde zur Verfügung stehen.

Das haben sie nicht umgesetzt, aber ich habe dann die Übersicht behalten und moderiert, wer noch zur Verfügung steht. Bei 4 Personen ist es möglich, die Teilnehmer im Kopf abzuhaken.

Der Circle of Questions hat super funktioniert. Als in der zweiten Runde der letzte Teilnehmer keine Frage mehr wusste, aber ein anderer schon, habe ich die Methode geöffnet und die Teilnehmer durften sich den Ball und die Fragen frei zuwerfen.

In dem Fall glaube ich, dass die Öffnung eine gute Idee war, weil der letzte Teilnehmer von sich aus auf seine letzte Frage verzichtet hat. Prinzipiell ist es beim Circle of Questions aber wichtig, darauf zu achten, dass jeder Teilnehmer gleichmäßig drankommt, um einen ausgeglichenen Meinungsaustausch und gleichmäßig verteilte Wertschätzung zu gewährleisten.

Inhaltlich haben sich die Teilnehmer sehr gut aufeinander eingelassen und sich mehr Verständnis erarbeitet. Dennoch zeichnete sich ab, dass es zu dem Thema keinen neuen Action Step geben wird, sondern das Team die bisherige Arbeitsweise beibehalten möchte.

Deshalb hab nicht jeden einzeln mit geschlossenen Augen gefragt, ob es eine Idee für einen Action Step gibt, sondern offen in die Runde. Ich wollte nicht jeden einzeln enttäuschen, sondern dem Team die Möglichkeit bieten, diese Einsichten als Retro Ergebnis zu nehmen, anstatt sich Action Steps aus den Fingern zu saugen, die es nicht braucht.

Das Team meinte auch, dass es keinen sinnvollen Action Step gibt, aber die Einsichten sehr wertvoll waren.

Nach dem Circle of Questions zum ersten Thema waren alle offenen Fragen beantwortet, sodass keine zusätzliche offenen Diskussion nötig war und das Team noch ein zweites Thema mit dem Circle of Questions bearbeiten konnte.

Feedback


Der Circle of Questions wurde sehr positiv bewertet und hätte genau den Effekt, dass man sich auf den anderen einlässt und mehr Einsichten generiert.

Erkenntnisse


Das Retro Wedding ist von der Fragestellung her ähnlich wie Mad, Sad, Glad, fokussiert aber auf den Aspekt, dass man neue oder geliehene Ideen vorschlagen kann. Ich hatte gehofft, dass aus dieser Frage Potential entsteht, weil das Team sehr neu zusammengestellt ist und jeder unterschiedliche Erfahrungen mitbringt. Das ist leider nicht eingetreten.

Der Circle of Questions wird beim Anmoderieren erstmal belächelt. Ich glaube, das ist so, weil die Aktivitäten der Teilnehmer (Ball zuwerfen, anzeigen, dass man noch frei ist) nach einem kindgerechten Spiel wirken.

Wenn die Teilnehmer sich aber drauf einlassen, führt die Methode wirklich zu mehr Fokus, gleichberechtigten Redenzeiten und schafft ein tieferes Verständnis, weil man sich mit der Frage auf den anderen beziehen muss, anstatt nur seine eigene Meinung zu vertreten.

Agile Werte

Mir kam die Idee, in einer Retro mal die agilen Werte als Aufhänger zu nutzen und dem Team die Frage zu stellen, wie sehr sie diese leben, um so weitere Verbesserungspotentiale zu identifizieren.

Was sind eigentlich die agilen Werte?

Formuliert wurden sowohl die Xtreme Programming Values als auch die Scrum Values.

In beiden Listen vermisse ich jedoch Werte, die für mich selbstverständlicher Bestandteil der agilen Kultur sind und die ich bei meiner Recherche auch auf anderen Listen gefunden habe.

Hier ist meine Sammlung:

Respekt (XP, Scrum)


Ist die Grundlage für Agiles Arbeiten. Ohne Respekt können wir nicht voneinander lernen.

Mut (XP, Scrum)


Kann individuell unterschiedliche Dinge bedeuten. Mutig ist es, immer wieder aus seiner persönlichen Komfortzone zu treten, um sich und das Team zu verbessern.

Einfachheit (XP)


Keep it simple and stupid - je einfacher die Lösung ist, desto leichter verständlich ist sie und umso weniger Fehler kann man bei ihrer Umsetzung machen.

Feedback (XP)


Um zu verstehen, wie gut die Dinge funktionieren, die ich mache, muss ich mir Feedback holen. Das betrifft sowohl technisches (Automatisierte Tests und Deployments) als auch persönliches (Retrospektiven und Feedback-Kultur).

Kommunikation (XP)


In einem Projekt gibt es meist mehr Informationen als ein einzelner überblicken kann. Damit das Team fundierte Entscheidungen treffen kann, ist es nötig, dass alle relevanten Informationen ausgetauscht werden.

Vertrauen


Für ein erfolgreiches Projekt benötigt man gute Leute, die ein Team bilden, das insgesamt das nötige Know-How hat, um das Projekt zu bewerkstelligen. Wenn nicht jedem einzelnen das Vertrauen entgegengebracht wird, dass er oder sie Wissen und Fähigkeiten so gut wie möglich einsetzt, sondern die Teammitglieder kontrolliert werden, können sie ihr volles Potential nicht entfalten.

Ehrlichkeit


Wer mir vertraut, hat im Gegenzug das Recht auf meine Ehrlichkeit. Nur so kann man eine langfristige Zusammenarbeit gewährleisten. Dazu gehört auch, Unangenehmes, wie z.B. langsamen Fortschritt oder Misserfolg proaktiv zu kommunizieren. Das erfordert manchmal Mut, steigert aber langfristig das Vertrauen.

Verbindlichkeit (Scrum)


Um effizient zu arbeiten, müssen sich die Teammitglieder aufeinander verlassen können. Auch der oder die PO benötigt verlässliche Aussagen des Teams, um seine Aufgaben, wie Priorisierung und Risikominimierung, zu erfüllen. Wichtig ist hierbei, nur das zu versprechen, was man auch halten kann.

Transparenz


Bedeutet die vorhandenen Informationen so mit allen zu teilen, dass ein gemeinsames Bild der Aufgaben und Hindernisse entsteht, was die Grundlage für Entscheidungen bildet.

Fokus (Scrum)


Menschen sind nicht gut multitaskingfähig. Je mehr Aufgaben ein Mensch gleichzeitig bewerkstelligen muss, desto langsamer und fehleranfälliger wird die Ausführung dieser Aufgaben wegen der häufigen Kontextwechsel. Deshalb ist es wichtig, gerade komplexe Aufgaben fokussiert nacheinander abzuarbeiten.

Offenheit (Scrum)


Nur wenn ich mich auf die Gedankengänge und Erfahrungen meiner Teamkollegen einlasse, kann ich von ihnen lernen. Dazu gehört es, aktiv zuzuhören und lieber erstmal eine Frage zu stellen, um die Ansicht des anderen besser zu verstehen, anstatt die eigene Meinung in den Vordergrund zu stellen.

Humor


Menschen sind besser in dem was sie tun, wenn sie Spaß dabei haben. Auch Lernen fällt mit Spaß leichter. Außerdem ist es für meine Teamkollegen einfacher, mir kritisches Feedback zu geben, wenn ich mich selbst nicht so ernst nehme.

Donnerstag, 29. Oktober 2015

#tweetmysprint No. 2 (1h Retro, 5 Leute)

Voraussetzungen


Dauer: 1 Stunde
Team: 4 Entwickler, 1 Product Owner

Vorbereitung


(Die Methoden, die ich hier vorstelle, sind nicht meine eigenen Ideen, sondern stammen aus diversen Büchern, Blogs, aus Erfahrungen als Teilnehmerin an Retros, usw. Ich wandle die Methoden allerdings gern ein wenig ab oder kombiniere sie anders, sodass ich hier vorstelle, wie ich sie durchführe.)

Set the Stage


Agenda vorstellen (3 min)

Weil dieses Team gewöhnt ist, eine freie Diskussion nach der Gather Data Phase zu führen, möchte ich über die Agenda klar machen, dass #tweetmysprint auch die Methode für die Phase Generate Insights ist. So hoffe ich, dass an der Twitterwand tatsächlich die erforderliche Dynamik entsteht, die dem Team neue Einsichten bringt.




Take A Stand (2 min)
Beschreibung siehe hier

Gather Data


#tweetmysprint - Intro (10 min)

Fordere die Teilnehmer auf, zu den zwei wichtigsten Themen, die sie in diesem Sprint beschäftigt haben, je einen Hashtag auf ein Post-it zu schreiben. Es kann sich auch um ein Thema handeln, an dem sie nicht gearbeitet haben, aber was denjenigen oder diejenige mental beschäftigt hat.

Bitte die Teilnehmer anschließend, nacheinander je einen Hashtag vorzulesen, ggf. zu erläutern und an die Wand zu kleben. Alle Hashtags sollen in einer Reihe nebeneinander angeklebt werden.

Generate Insights 


#tweetmysprint - Discussion (30 min)

Bitte die Teilnehmer vor die Wand zu treten und gib jedem einen Stift und einen Block mit anders farbigen Post-its (als die Hashtag-Post-its).

Sie sollen jetzt zu den Hashtags twittern, d.h. sie können jederzeit einen Tweet dazu verfassen und ankleben oder einen bestehenden Tweet retweeten oder favorisieren. Alle Teilnehmer dürfen gleichzeitig twittern.

Lege zu jedem Hashtag eine Spalte für Retweet und Star an (Vorbereiten). Die Teilnehmer machen in dieser Spalte einen Strich, wenn sie die entsprechende Aktion ausführen möchten.

Erkläre den Teilnehmern, dass sie sich auf die Hashtags konzentrieren sollen, wo sie das meiste Potential sehen, weil nachher zu dem beliebtesten Hashtag (Anzahl Tweets, Retweets und Stars) Action Steps identifiziert werden sollen.




Decide what to do


In der Diskussion zu 1 bis 2 Themen Action Steps erarbeiten (je 5 bis 10 min)

Deine Aufgabe ist es in dieser Phase, Gesprächsfäden zusammen zu halten und Ideen, die genannt wurden, wieder aufzugreifen, um zu gewährleisten, dass keine Ideen verloren gehen.

Wenn sich die Zeit dem Ende zuneigt, frage das Team, ob sie sich einen Action Step vorstellen können, um sich in Bezug auf Thema XY zu verbessern. Falls bereits Ideen für Action Steps genannt wurden, wiederhole diese nochmal und frage, ob das ein geeigneter Action Step wäre und wenn nicht, wie man aus dieser Idee einen geeigneten Action Step definieren könnte.

Close the Retro


ROTI (5 min)
Beschreibung siehe hier

Erfahrungen


Durchführung


Das Team hat die Twitter-Threads erzeugt und im Gegensatz zum ersten Mal, als ich diese Methode angewandt habe (siehe hier), haben sich diesmal Diskussionen ergeben und die Teilnehmer haben Bezug auf vorherige Tweets genommen. Die Methode wurde nicht hochdynamisch durchgeführt, aber im Fluss.

Als Ruhe einkehrte und keine neuen Aktionen durchgeführt wurden (nach ca. 10 min), habe ich die Zeit von 20 übrigen Minuten auf 5 Minuten reduziert und angesagt, dass die Teilnehmer nochmal überlegen sollen, ob ihnen noch etwas einfällt oder sie noch einen Tweet favorisieren oder teilen möchten, ansonsten würden wir in die nächste Phase übergehen.

Das hat meiner Beobachtung nach zu erhöhter Konzentration geführt und es kamen weitere Beiträge dazu, sodass ich die übrige Zeit zweimal wieder um 5 Minuten verlängert habe.

Insgesamt haben wir so für die #tweetmysprint - Discussion ca. 25 min gebraucht. Geplant waren 30 min.

Feedback


Die Teilnehmer fanden #tweetmysprint grundsätzlich interessant und lagen bei der ROTI Wertung der gesamten Retro im Durchschnitt bei 3 (Break Even).

Ein Teilnehmer meinte, es sei problematisch, wenn jeder einzelne am Anfang Themen vorgibt, anstatt dass man diese gemeinsam findet, wie bei Methoden, die Clustering nutzen.

Ein anderer Teilnehmer fand es gut, dass der Diskussionsverlauf visualisiert wurde und so keine Argumente verloren gingen.

Einige Teilnehmer waren der Meinung, dass man in der freien Diskussion schneller zu Ergebnissen gekommen wäre.

Die meisten waren der Meinung, dass diese Methode aber fokussierter wird, wenn sie gelernt ist.

Erkenntnisse


Wenn man eine so stark unbekannte Methode bei einem Team anwendet, das große Routine in anderen Methoden hat, macht eine Agenda Sinn, um die Erwartung an den Ablauf der Retro zu Beginn zu klären.

Das Feedback vom ersten Mal #tweetmysprint, die Teilnehmer nach vorne zu bitten und ohne Reihenfolge zu twittern, war sehr wertvoll und hat zu einer flüssigeren Methode geführt.

Die spontane Idee, die Zeit für die #tweetmysprint - Discussion zu verkürzen war sinnvoll, weil sie die Teilnehmer stärker fokussiert hat.

Es war sehr einfach, die Action Steps zu erarbeiten, weil schon viele Vorschläge in den Threads genannt wurden, die das Team dann konkret vertiefen konnte.

Zum Ende der #tweetmysprint - Discussion habe ich nochmal gefragt, ob jemand was retweeten oder favorisieren möchte, das hat zu deutlicheren Ergebnissen des beliebtesten Hashtags geführt.

Da das Team sich auf Twitterdiskussion eingelassen hat, war die Anzahl Tweets, Retweets und Stars repräsentativ für das wichtigste Thema.

Einstündige Retros sind echt schwierig zu moderieren, weil man einerseits stark auf die Zeit achten muss, andererseits den Teilnehmern auch in den jeweiligen Phasen genug Zeit lassen muss, damit es nicht oberflächlich bleibt.

In einer zweistündigen oder längeren Retro würde ich das Feedback aufgreifen, die Hashtag-Themen zunächst mit einer Methode, die mit Clustering abschließt, zu erarbeiten. In einer einstündigen Retro finde ich es sinnvoll, wenn die Phasen Gather Data und Generate Insights ohne weitere Setup Zeit ineinander übergehen. Dazu ist das Format #tweetmysprint - Intro and Discussion gut geeignet.